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Interview mit Dr. Sema Finke

„Hausärzte werden zunehmend selbstbewusster. Zu Recht!“

Dr. Sema Finke über Newcomer in der Berufspolitik, Praxis-Chefinnen und den besonderen Reiz des Hausarztjobs

Bei der KV-Wahl 2022 setzt der Hausärzteverband Westfalen-Lippe mit seiner „Hausarztliste“ sowohl auf politisch erfahrene Kolleginnen und Kollegen als auch auf junge Ärztinnen und Ärzte, um die Interessen der Hausärzteschaft in Westfalen-Lippe optimal vertreten zu können. Dr. Sema Finke (42), seit 2017 als Hausärztin in Borgholzhausen niedergelassen, ist eine „Newcomerin“ in der Berufspolitik. Sie kandidiert erstmals für „Die Hausarztliste“ im Wahlkreis Münsterland/ Ostwestfalen-Lippe. Im Interview erklärt die Mutter von zwei Kindern, warum ihr berufspolitisches Engagement wichtig ist und wofür sie sich einsetzt.

Frau Dr. Finke, Sie sind Vertreterin einer neuen, weiblichen Hausarzt-Generation, für die Familie und Niederlassung keine Widersprüche darstellen. Ist das der Grund, warum Sie sich in der Berufspolitik engagieren?

Um ehrlich zu sein ist es zu meinem Engagement in der Berufspolitik eher zufällig gekommen. Einer meiner Kollegen kannte mich und meine Arbeit im lokalen Netzwerk mit Kollegen und hat mich als mögliche Kandidatin vorgeschlagen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich mit dem Thema noch nicht beschäftigt.

Ich finde es aber grundsätzlich wichtig, dass in der Berufspolitik auch jüngere und weibliche Ärzte präsent sind, die vielleicht auch mit anderen Ideen an Dinge herangehen. Ich bin der Meinung, dass ein Gremium, das über unsere Zukunft in der Niederlassung entscheidet, auch einen Querschnitt der Ärzteschaft darstellen sollte.

Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Besonders am Herzen liegt mir, dass sinnvolle Entscheidungen getroffen werden, die schnell und verständlich kommuniziert werden. 

Woran fehlt es der Berufspolitik aktuell womöglich?

Bisher habe ich nur die Sicht von außen, weil ich mich selbst noch nicht berufspolitisch engagiert habe. Ich habe aber den Eindruck, dass die Berufspolitik insgesamt sehr träge ist und die Hausärzte noch nicht genügend repräsentiert werden. Wobei ich glaube, dass die Hausärzte zunehmend selbstbewusster werden. Als Fachärztin für Chirurgie mit dem Quereinstieg in die Allgemeinmedizin muss ich sagen, dass die Allgemeinmediziner auch alles Recht dazu haben. Die Arbeit als Allgemeinmediziner ist nicht weniger anspruchsvoll als die anderer Fachärzte, eher ganz im Gegenteil.

Braucht es insgesamt mehr junge Hausärztinnen und Hausärzte, insbesondere mehr Frauen, die sich interessieren und einbringen?

Auf jeden Fall. Ich bin ganz klar der Meinung, dass sich mehr junge Kollegen und auch Frauen in der Berufspolitik engagieren sollten. Allerdings haben ja viele gerade aus Gründen der Work-Life-Balance das Krankenhaus verlassen und sind deswegen eventuell nicht motiviert, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. Gerade Kollegen am Anfang der Niederlassung haben mit der neuen Praxis, der neuen Tätigkeit als Kassenarzt und als Chef und dazu häufig noch mit kleinen Kindern zu Hause genug zu tun.

Sie engagieren sich auch in der Nachwuchsinitiative Allgemeinmedizin des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe, berichten in Vorträgen von Ihren Erfahrungen auf dem Weg in die eigene Praxis und haben ein leidenschaftliches Plädoyer für den Hausarztberuf gehalten. Was macht diesen Job in Ihren Augen so besonders?

An der Arbeit als Hausärztin schätze ich die Nähe zum Patienten, die Möglichkeit Verläufe zu beobachten und positiv zu beeinflussen, die Abwechslung, die Möglichkeit meinen Arbeitsalltag und Arbeitsplatz selbst zu gestalten, die geringe Dienstbelastung (ein Verdienst der Berufspolitik) und vor allem mein eigener Chef zu sein.

Wie kann der Hausärzteverband hier unterstützen?

Der Hausärzteverband ist für mich ein kompetenter Ansprechpartner und bietet gute Möglichkeiten zur Fortbildung an. Die neue Niederlassungsbroschüre ist genau das, was ich mir damals vor meiner eigenen Niederlassung gewünscht hätte.

Dr. Sema Finke

Hausärztin aus Borgholzhausen