Skip to main content

Mehr zur KV-Wahl

  

Interview mit Stefan Siegmann

„Die Unterversorgung in großstadtfernen Gebieten ist unzumutbar!“

Stefan Siegmann über die Folgen, wenn der Generationswechsel in den Praxen hakt, und die Ideen für eine Verbesserung der medizinischen Versorgung auf dem Land

Der wachsende Bedarf an Hausärztinnen und Hausärzten in der Stadt wie in ländlichen Regionen ist ein zentrales Thema – für die Menschen vor Ort, die ein Interesse an der Sicherung der hausärztlichen Versorgung haben, aber natürlich auch und gerade für die Hausarztpraxen, die diese hausärztliche Versorgung unter oft schwieriger werdenden Bedingungen leisten. Stefan Siegmann ist niedergelassener Hausarzt in Bad Salzuflen, einem Ort in Ostwestfalen-Lippe, in der der Generationswechsel in den Praxen meist noch nicht vollzogen ist und in der händeringend Nachwuchs-Hausärzte gesucht werden. Im Interview berichtet er von den besonderen Herausforderungen, die diese Situation mit sich bringt und wie er mit der „Hausarztliste“ an Lösungen mitwirken möchte.

Herr Siegmann, Sie haben Ihre Praxis in Bad Salzuflen, einem Ort, in dem das Durchschnittsalter der Ärzte bei über 70 Jahren liegt. Was bedeutet das für die hausärztliche Versorgung vor Ort und für die Arbeit Ihrer Hausarztpraxis?

In Bad Salzuflen wurden wir bereits wiederholt aufgrund des hohen Durchschnittsalters der hausärztlichen Kollegen und dadurch bedingte, kurzfristige Praxisschließungen mit einem hohen Patientenzustrom zusätzlich zu einer bereits ausgelasteten Sprechstunde konfrontiert. Dieser Umstand machte oft eine patientenorientierte und qualitativ hochwertige Versorgung des einzelnen Patienten, auch pandemieunabhängig, kaum möglich. So dass viele Praxen, unter anderem auch meine, Neuaufnahmen von weiteren Patienten ablehnen mussten.

Welche Herausforderungen und Gefahren sehen Sie? Und wie kann man diesen begegnen?

Die Unterversorgung in den großstadtfernen Gebieten ist für viele kranke und ältere Menschen aus meiner Sicht eine unzumutbare Situation. Aufgrund der fehlenden wohnortnahen Versorgung scheuen sich sowohl chronisch kranke Patienten als auch akut Erkrankte davor, den weiten Weg und die lange Wartezeit auf sich zu nehmen. Hausbesuche sind bei der deutlich gestiegenen Arbeitsbelastung und der zunehmenden Bürokratie nahezu zu einer Rarität geworden. Daraus resultiert zwangsweise eine höhere Belastung des stationären Versorgungsbereichs, welcher die ambulanten Versorgungslücken schließen muss. Dieser Umstand begegnet mir regelmäßig im Rahmen meiner notärztlichen Tätigkeit im Kreis Lippe.

Dringend sollten weitere Maßnahmen zur Nachwuchsförderung im allgemeinmedizinischen Bereich ergriffen werden, sonst kann eine individuelle, den aktuellen medizinischen Standards entsprechende und ethisch vertretbare Medizin in vielen Regionen nicht mehr gewährleistet werden. Außerdem müssen bürokratische Hürden abgebaut und interdisziplinäre Zusammenarbeit gefördert werden.

Sie kandidieren für „Die Hausarztliste“ und wollen sich in der KVWL berufspolitisch einbringen. Mit welchen Ideen und Zielen gehen Sie in die KV-Wahl?

Bezugnehmend auf mein Wahlmotto – ich wünsche mir eine Verbesserung der ganzheitlichen Versorgung mit familienmedizinischem Schwerpunkt vor allem in der ländlichen Region – liegt mir besonders am Herzen, unseren Patienten wieder eine medizinisch und menschlich hochwertige Versorgung zukommen zu lassen. Dabei möchte ich meine Erfahrungen aus dem Praxisalltag einbringen und als Bindeglied zwischen Politik und Ärzteschaft fungieren.

Stefan Siegmann

Hausarzt aus Bad Salzuflen